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Geschlossene Gesellschaft

von Claudia Stegmann

Ein Spaziergang durch die Stadt gibt in diesen Tagen ein komplett anderes Gefühl als noch vor ein paar Wochen. Von allen Ecken fordern uns Schilder auf, Abstand zueinander zu halten. Unabhängig vom Tag sind alle Geschäfte geschlossen. Es ist unumstritten, dass diese Maßnahmen wichtig und absolut notwendig sind, dennoch hat es einen Hauch von Geisterstadt. Es wirkt wie eine geschlossene Gesellschaft im doppelten Sinn.

Doch was kommt danach?

Geschlossene Gesellschaft

Als ich heute die vielen Schilder an den Geschäften und Restaurants gelesen habe, hat mich das nebenstehende nachdenklich gemacht. Im Moment scheint sich ein Großteil unseres Lebens in die digitale Welt zu verlagern: Restaurants bieten Bestellservices an und immer mehr Geschäfte werben im Schaufenster mit dem Versand ihrer Waren. Ich selbst unterrichte inzwischen meine Yogakurse online. Doch was wird diese Entwicklung mit uns machen? Werden wir nach der Krise und den Lockerungen der Ausgangsbeschränkungen wirklich den Weg zurück finden? Oder wird es eine Beschleunigung des so lange schon befürchteten Innenstadt-Sterbens sein?

 

Online-Yoga
Online-Yoga

Und was macht es mit uns?

Im Park ist es schon selbstverständlich geworden sich eine freie Bank zu suchen. Die Zeiten sich zu jemanden dazu zusetzen und vielleicht auch in ein kurzes Gespräch zu kommen sind vorerst vorbei. An eine Biergarten-Bekanntschaft durch einen geteilten Tisch ist erst recht nicht zu denken. Wie auch, ist ja alles geschlossen!? Und auch die Arbeit allein im Homeoffice mit dem telefonischen Kontakt zu den Kollegen wird immer selbstverständlicher. Doch was wird das auf lange Sicht mit uns machen? Werden uns die persönlichen Kontakte fehlen oder wird uns diese Zeit noch mehr zu social networkenden Einzelgängern machen? Werden wir von einer geschlossenen Gesellschaft zu einer verschlossenen Gesellschaft?

 

Vielleicht sollten wir die aktuell notwendigen Maßnahmen einfach als eine Art „Sozial-Fasten“ sehen, sodass wir nach der langen Zeit des Verzichts reale Kontakten, eine nette Beratung beim Shoppen, den vertrauten Plausch am Marktstand und die liebenswerten Eigenheiten der Kollegen im Büro wieder zu schätzen wissen. 😉 Und möglicherweise lernen wir auch die Menschen wieder zu schätzen, die sonst im Alltagsstress vor der Krise manchmal schon beinahe unsichtbar schienen.

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