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Dharana – Die sechste Stufe des Pfad des Patanjali

von Claudia Stegmann

Es ist mal wieder an der Zeit, eine Stufe des 8-gliedrigen Pfades näher unter die Lupe zu nehmen. Da Yama, Niyama, Asana, Pranayama und Pratyahara bereits dran waren, geht es mit der 6. Stufe weiter: Dharana – Konzentration.

Ich habe die Kurzbeschreibung aus der Übersicht zum Pfad des Patanjali nochmal rausgesucht. Damals habe ich die Stufe wie folgt umrissen: „Dharana beschreibt die Konzentration auf eine Sache und diese Aufmerksamkeit auch über einen längeren Zeitraum zu halten, ohne sich ablenken zu lassen.“ Klingt jetzt erstmal gar nicht so schwer. Aber gehen wir wirklich konzentriert an viele Sachen ran? Und noch viel wichtiger: Können wir uns wirklich für einen längeren Zeitraum auf nur eine Sache bewusst konzentrieren?

Pfad des Patanjali

Konzentration im Alltag - Wirklich?

Nehmen wir ein einfaches Beispiel aus dem Alltag: Auto fahren. Wahrscheinlich hat jeder von uns eine Strecke, die er täglich oder sehr häufig fährt, z.B. den Arbeitsweg. Überleg jetzt einmal, wie viele Ampeln du auf diesem Weg jeden Tag passierst. Und? Würdest du immer noch behaupten, dass du konzentriert durch deinen Alltag gehst? 😉

Ursachenforschung

Pfad des Patanjali

Ich glaube in dem Beispiel sind es 2 wesentliche Faktoren, die unsere Konzentration sinken lassen.

Zum einen die gut eingeschliffene Routine. Oder könntest du spontan sagen, in welcher Reihenfolge du das Auto zum Fahren bringst? Schnallst du dich erst an, blickst in alle Spiegel, startest den Motor und legst dann den Gang ein? Oder doch erst Motor starten, anschnallen, Gang einlegen und dann der Blick auf die Umgebung des Autos? Oder eine ganz andere Reihenfolge? 🤔 Und genau die Routine ist es auch, die uns Schilder und Ampel zwar wahrnehmen lässt aber nicht wirklich konzentriert und bewusst.

Zum anderen glaube ich, dass multimediale Einflüsse unsere Aufmerksamkeit auf die eigentliche Aufgabe sinken lässt. Nein, nein, ich unterstelle nicht, dass du während der Fahrt unerlaubt dein Smartphone bedienst. Ich spreche vom Radio. Wie oft lassen wir es nebenbei laufen, denken über das Gesagte nach und lassen uns vielleicht sogar dazu hinreißen das ein oder andere Lied mitzusingen? Und auf was sind wir in dem Moment wirklich konzentriert?

Alltagsübung

Vielleicht hast du beim Lesen gerade realisiert, wie viele Übungsmöglichkeiten für das Thema Konzentration unser Alltag bietet. 😉 Teste es doch einmal! Nimm dir gleich morgen vor, ganz bewusst mal ins Auto zu steigen und zu beobachten, was du der Reihe nach so machst. Schalt auch dein Radio aus und werde dir durch lautes Ansagen der Schilder und jeder Ampelfarbe bewusst, was du auf deiner Fahrt erlebst. Und wenn dir das jetzt komisch vorkommt, erinnere ich daran, wie oft du im Auto mitsingst, wenn du dich unbeobachtet fühlst. Das Aufzählen der Verkehrszeichen ist dem ganz ähnlich. 😁

Wenn du an deinem Ziel angekommen bist, überlege kurz, wie es für dich war die Konzentration über den gesamten Zeitraum zu halten oder ob du irgendwann abschweifen wolltest zu dem, was der Tag noch bringt.

Jede Stufe braucht auch ein kleines bisschen Dharana

Pfad des Patanjali

Zurück zum Yoga. In meinem ersten Artikel über den Pfad des Patanjali habe ich geschrieben, dass die Stufen voneinander abhängig sind. Dharana ist ein sehr gutes Beispiel dafür.

Ich kann Yama und Niyama nur leben, wenn ich mir die Zeit nehme, mich auf meine Umwelt, Mitmenschen oder auch mich selbst zu konzentrieren, um mitzubekommen, was meine Umgebung oder ich gerade brauchen.

Asanas erfordern jede Menge Konzentration, um ausgerichtet zu werden, die Ausrichtung zu halten, ihre Wirkung zu spüren oder auch die nötige Balance aufzubringen, um sie überhaupt zu üben.

Jeder der schon mal Atemtechniken ausprobiert hat, weiß wie schwer es ist bewusst zu atmen oder den Atem zu lenken. Ohne Dharana ist darum auch Pranayama nicht denkbar und machbar.

Die fünfte Stufe – der Rückzug der Sinne – steht im ganz engen Zusammenhang mit der Konzentration. Zum einen kann es helfen einen Sinn abzuschalten, um die Konzentration voll und ganz sowie beständig auf ein Thema zu lenken. Wir erinnern uns an das Autoradio aus unserem Beispiel. 😉 Genauso ist ein konzentrierter Fokus aber auch manchmal notwendig, um nicht jedem Sinnesreiz zu folgen.

Ich bin mir sicher, dass ihr alle ganz viele Situationen in eurer Yogapraxis aber auch in eurem Alltag findet, in denen man ganz wunderbar Dharana üben kann. Nutze sie und beobachte, was es mit dir macht. Mehr über die Stufen 7 und 8 erfahrt ihr demnächst hier. 😊

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